Treffpunkt - Gemeinde aktuell

Jahresrückblick 2016

Gruppenreise Israel (1. bis 17. April)

Meine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft oder: Schumacher, Beilharz, San­del, Wagner oder Wieland? Nicht verzagen, Dr. Jakob Eisler fragen!

Wow, nach 17 Tagen bin ich nun wieder zurück von einer Reise, die mich sowohl in meine eigene Vergangenheit, wie auch in die meiner Ahnen geführt hat. Noch immer bin ich über­wältigt von den vielen Eindrücken, Erlebnissen und Begegnungen, die mich sicherlich noch einige Zeit begleiten werden.

Am 1. April traf ich im von schwerbewaffneter Grenzpolizei gesicherten Absperrbereich für Gruppen der EL AL auf einen Mann, der sich mir als Jakob Eisler vorstellte. Das war mein erster Kontakt mit der Gruppe, mit der ich meinen Urlaub verbringen würde. Außer mir waren schon weitere Teilnehmer eingetroffen; es war ein schönes Gefühl, mich mit Peter und Bev im vertrauten Australisch zu unterhalten und uns über mögliche gemeinsame Bekannte »down-under« auszutauschen. Leicht verspätet traf die Gruppe aus Stuttgart am Flughafen Frankfurt ein und der Flieger hob ab in Richtung Tel Aviv. Nach circa vier Stunden schwebten wir in einem großen Bogen direkt über Wilhelma (Bnei Atarot), dem Geburtsort meines Vaters Theodor Klink, in die Einflugschneise von Ben Gurion ein. Ich war froh, dass ich mich vorher doch noch auf google maps informiert hatte.

Ein Teil der Gruppe, der direkt aus Australien anreiste, war bereits im Beit Immanuel, unserer Unterkunft in Jaffa. Dies war die zweite »Zentrale« von Christoph Hoffmann in Palästina gewesen und später an den Baron von Ustinov verkauft worden, der es als "Hotel du Parc" weiter geführt hat. Nicht nur Kaiser Wilhelm im Jahr 1898, sondern alles, was Rang und Namen hatte und Palästina die Ehre gab, residierte in diesem Haus. Wie in Jaffa hatte jedes der Quartiere, in denen wir während unserer Reise übernachteten, einen direkten Bezug zu den Templern und somit für uns eine besondere Bedeutung. Unser hochgeschätzter und überaus kompetenter Reiseleiter Dr. Jakob Eisler brachte uns die entsprechenden Zusammen­hänge anschaulich und mit spannenden Berichten gespickt nahe. Wie er sich all diese Daten und Namen merken kann, war uns allen ein Rätsel. Innerhalb kürzester Zeit war ich weit weg von der Arbeit und dem Alltag zu Hause!

Meine Motivation, an der Israelreise teilzunehmen, war eher eine Bauch­entscheidung, generelles Interesse und Neugier als ein konkretes persönliches Anliegen. Ich hatte während meiner Kindheit viel von meiner Großmutter Maria Klink und ihren Geschwistern, sowie von meinem Vater Theodor von der Zeit in Palästina gehört. Während meiner Kindheit in Boronia, Australien (bis 1977), hatten wir viel mit der Tempelgesellschaft zu tun. Regelmäßig nahmen wir an den Aktivitäten der TSA teil. Nach dem Abitur habe ich im Tabulam ein Praktikum absolviert, noch später an Jugendveranstaltungen teilgenommen und Briefkontakte gepflegt. Meine Kinder verbrachten während ihrer Ausbildung jeweils ca. 6 Monate bei australischen Freunden und Verwandten - und lernten so meine zweite Heimat und den Ort meiner Kindheit kennen. Das war mir wichtig, weil ich mit 19 Jahren bei einem Besuch in Australien gemerkt habe, wie sehr mich meine Kindheit auf dem fünften Kontinent geprägt hat. Ich denke, mein Vater empfindet Ähnliches über die ersten 13 Jahre seines Lebens in Palästina.

Der Beginn der Reise in Jaffa. Unsere Gruppe bestand aus einer bunten Mischung aus Templern, Nicht-Templern, Australiern und Deutschen, von denen jeder auf seine Weise mit den Templern verbunden war.  Gruppenreise IsraelNur ein einziger Teilnehmer war noch in einer der Templerkolonien geboren: Uli Höfer, von seiner Frau Inge begleitet, erblickte das Licht der Welt in Wilhelma und war dann als jüngster Prisoner of War (POW) in Tatura interniert worden.

Bei Temperaturen über 26 Grad und Sonne pur waren Lichtschutzfaktor 30, Kopfbedeckung und ausreichend Wasser Pflicht - und unser Programm begann: nicht nur durch die Kolonie in Jaffa wurden wir geführt, sondern auch durch Walhalla mit den Resten der Wagner-Fabrik und den neu sanierten »Wieland Compound«. Die vielen Gebäude der Wieland-Fliesenfabrik sind nun als ganzes »Ensemble« ein wunderschönes »Erholungs- und Vergnügungsareal« mit Läden, Gaststätten und Kunstgewerbe. An allen Häusern sind Schilder angebracht, die auf die Templerfamilien hinweisen. Im Wielandhaus (Elternhaus von Karins Vater) sind sogar die selbst hergestellten Fliesen mit den alten Mustern erhalten. Die israelischen Besucher des Compounds waren sehr aufmerksam und freuten sich, als wir ihnen erzählten, dass wir »Templer« sind - ich kam mit einem ins Gespräch, als wir uns in der Eisdiele ein Eis holten. Alle waren sehr an der Templer-Geschichte interessiert.

Ähnlich erging es uns in Sarona. Die Hälfte des Dorfes ist frisch saniert und die alten Templer-Häuser beherbergen Geschäfte aller Art. In einem befindet sich ein Museum, das der Geschichte der Templer und ihrer Siedlungen in Palästina gewidmet ist. Sogar die alte Ölmühle (mit hydraulischer Presse) ist nach wie vor funktionsfähig und wird an Ort und Stelle vorgeführt.

Es war merkwürdig zu sehen, dass man hier in Israel mit den »Templern«, ihrer Entwicklung und ihrer Geschichte etwas verbindet, in Deutschland hingegen immer erklären muss, was Templersein bedeutet. Ich hatte das Gefühl, dass man die Geschichte der Templer in Israel nun als einen Teil der eigenen Besiedlungsgeschichte der Juden in Israel entdeckt hat und dass die Israelis nun würdigen, dass sie vom Wirken der Templer viel profitiert haben. Das Wissen darum verdanken die heutigen Bürger Israels in großem Maße Menschen wie Jakob, der mit seinem unermüdlichen Forschen dem Denkmalschutz wertvolle Grundlagen liefern konnte und überhaupt auch erreicht hat, dass Vieles geschützt wurde.

In Haifa beeindruckten mich vor allem die Gärten der Bahai, die über der deutschen Kolonie zu schweben schienen. Die vielen restaurierten Templer-Häuser hier haben fast alle noch die deutsche Inschrift über der Haustür. Die kurze Andacht auf dem Friedhof in Haifa hat mich sehr berührt, auch weil ich zum ersten Mal nach unzähligen Jahren wieder das Lied »Trachtet ruft mit ernstem Worte« gesungen habe.

Bedenkt man die technischen Möglichkeiten der damaligen Zeit, so beeindruckt das vielfältige Wirken der Templer und deren noch heute sichtbarer Nachlass umso mehr. Es waren wirklich Pioniere, die mit harter Arbeit und festem Glauben gemeinsam die schweren Zeiten durchstehen konnten. Die starke Gemeinschaft hat ihnen dies ermöglicht.

Der Aufenthalt in Tabgha war geprägt von der schönen Lage direkt am See. Wir wohnten im heutigen Pilgerhaus, das 1889 von Schumacher geplant und von Beilharz gebaut wurde. Einige von uns nutzten die schöne Lage - vor dem Frühstück und nach Rückkehr von unserer Tages­tour - für ein Bad im See.

Wo auch immer wir hinkamen, gab es Zeichen vom Wirken der Templer. Dazu Jakobs wunderbar vorgetragene Historie und Geschichten, ergänzt durch Erzählungen von Erinne­rungen der Eltern und Großeltern der Teilnehmer an den unterschiedlichen Plätzen. Dabei kamen mir dann Fragen, die ich mir vorher noch nie gestellt hatte: Sind auch meine Großeltern in Palästina geboren?  Gruppenreise IsraelWaren sie immer nur in Wil­helma oder sind sie manchmal auch nach Haifa oder Bethlehem gefahren oder nach Tiberias zum Hammam? Oder sogar ins Hotel Grossmann?

Über Wilhelma und Ramleh ging es weiter nach Jerusalem. Wilhelma, der Geburtsort meines Va­ters, war ganz besonders für mich. Hier war ich als 13-jährige mit der Familie gewesen, hatte allerdings keine Erinnerung mehr an diesen Besuch. Umso erfreuter war ich, als ich mit Hilfe des Plans der Kolonie tatsächlich das Haus meines Vaters und meiner Großeltern entdeckte. Inzwischen ist das Haus wunderschön renoviert, auch wenn es direkt in der Einflugschneise von Ben Gurion liegt. Von der Schule und dem Sportplatz in Wilhelma hatte ich schon viel gehört und konnte mir nun vorstellen, wie mein Vater den kurzen Weg von dort nach Hause ging oder wie er auf der Wiese lag und die Flugzeuge, die schon damals dort kreisten, beobachtete.

In Jerusalem bei den Bor­ro­mäer­schwes­tern verbrachten wir fast eine Woche. Die ange­spannte Sicherheitslage war zu spüren und wurde durch besorgte Warnungen von Karin und Jakob noch deutlicher. Hier hat mich der »Saal« der Templer sehr bewegt, der heute die Heimat der armenisch-orthodoxen Kirche ist. Die Kirche/der Saal erinnerte mich an die Architektur der Boronia Hall. Auf der Rückseite der nicht mehr funktionstüchtigen Orgel habe ich den eingravierten Namen meines Onkels Fritz Decker entdeckt, der als Jugendlicher wohl auch den Blasebalg für das Instrument treten durfte.

Auch in Jerusalem haben wir den Templer-Friedhof besucht und der Pioniere gedacht, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben. Nach meiner Rückkehr habe ich erfahren, dass ich während der Andacht ganz in der Nähe des Grabes meines Urgroßvaters Friedrich Klink gestanden war.  Mein Urgroßvater vorne rechtsEr hatte die letzten Jahre seines Lebens zusammen mit der Gruppe älterer Templer (siehe Bild) bei den Borromäerinnen verbracht. So hat die Reise für mich noch auf besondere Weise nachgewirkt.

Die vielen christlichen Orte und Pilgerstätten in der Altstadt von Jerusalem waren für mich persön­lich eher enttäuschend, da ich hier wenig von einem religiösen Geist gespürt habe. Die Fahrt nach Beth­lehem zur Geburtskirche war bedrückend, da hier der Grenzkonflikt zwischen Israelis und Palästinen­sern deutlich zu sehen war. Die Mauer mit Stachel­draht, Grenztürme, Checkpoints und bewaffnete Soldaten - alle Erinnerungen und Gefühle an die Zeit der deutsch-deutschen Trennung wurden wieder wach.

Bei der Fahrt ans Tote Meer, hinunter auf 400 Meter unter dem Meeresspiegel, konnten wir eine beeindruckende Wüstenlandschaft bewundern und hatten im Anschluss an unseren Abstieg von Masada (dem Rückzugsort der Zeloten im Kampf gegen die Römer und einem Herodespalast auf einem Wüstenberg) unser ungewöhnliches Badeerlebnis. Jegliche Natur­gesetze schienen in diesem hochkonzentrierten salzhaltigen Wasser außer Kraft gesetzt zu sein.

Land und Leute. Die Verbindung zwischen den Religionen ist überall im Land zu spüren. Wir haben nicht nur Templergeschichte erlebt, sondern auch viele Ausgrabungen römischer, christlicher und jüdischer Stätten besucht. Dazu die schönen Naturparks Israels, wie z.B. die Grotten bei Rosh Ha-Niqra, und andere, die jetzt im Frühling schön grün sind, wie die Jordanquellen. Wir sind durch die fruchtbaren Ebenen des Landes gefahren und haben die Dattel-, Avocado- und Bananenplantagen gesehen. Unsere Reise führte uns von 800 m über dem Meeresspiegel bis hin zu 400 m darunter. Bei der Fahrt über die Golanhöhen waren noch die verminten Weideflächen, auf denen nun die Kühe grasten, zu sehen. Wir haben nach Jordanien, Syrien und in den Libanon geschaut - gefühlt ganz fern und nun so nah! Und gleichzeitig war ich durch die vielen Eukalyptusbäume, den Bottlebrush, die Temperaturen und die Australier um mich herum immer wieder sehr an Australien erinnert!

Wir genossen die arabische Küche mit Hummus, Oliven, Pitabrot und Auberginenmus und stellten fest, dass die Küche unserer Großeltern von dem geprägt war, was in Palästina damals angebaut wurde: Gusa (Zucchini), Bedenschan (Auberginen), Bandoren (Tomaten), … und da die deutschen Begriffe zum Teil nicht bekannt waren, sind diese dann in den deutsch-schwäbischen Alltags-Wortschatz eingeflossen. Auch »Maqlube«, ein bekanntes arabisches Gericht, mit seinen unterschiedlichen Zubereitungsarten war im Gespräch. Die Gewürze der arabischen Küche haben allerdings nicht den Weg in die schwäbisch-templerische Küche gefunden. Man hat wahrscheinlich einfach schwäbisch gekocht mit den Zutaten, die auf dem Feld gewachsen sind - templerisch pragmatisch halt.

Erstaunt, schon fast erschreckt, war ich von dem unreflektierten Gebrauch von Plastik, ob Plas­tikflaschen, Plastiktüten, Plastikbesteck oder Plastikteller. Überall wird es eingesetzt und der daraus entstehende Müll ist leider überall sichtbar. Sogar der Strand in Haifa war übersät von kleinen Plastikteilen.

Jakob hat viel über das Bevölkerungswachstum in Israel berichtet, das schon fast einer Bevölkerungsexplosion gleichkommt. Der daraus entstandene Bauboom führt nun dazu, dass Dörfer und Städte zu Großstädten zusammenwachsen, Bauland immer knapper und teurer wird und deshalb immer mehr in die Höhe gebaut wird. Riesige Hochhaussiedlungen sind entstanden, in denen ich mir nicht vorstellen könnte zu wohnen.

Trotz täglichem Aufstehen um 7 Uhr morgens (und das im Urlaub!), Abfahrt mit dem Bus oder zu Fuß (pünktlich) um 8:30, Rückkehr zur Unterkunft zwischen 17 und 19 Uhr, war ich am Schluss der 17 Tage erholt und nachhaltig beeindruckt.

An dieser Stelle möchte ich im Namen der gesamten Reisegruppe noch einmal einen Dank aussprechen an Karin, Jakob und Christoph für die Begleitung während der 17 Tage. Es war deutlich mehr als eine Reiseleitung. Danke an Karin für die Organisation und Fürsorge, an Jakob für das Engagement, die Leidenschaft und das Interesse an uns Templern, sowie für die sach- und fachkundigen Informationen über die Templer, über Land und Leute und das heutige Israel und an Christoph für die etwas anderen christlichen und jüdischen Einblicke. Bei der ganzen Gruppe möchte ich mich für die herzlichen und freundschaftlichen Begegnungen bedanken, die wir während der Zeit hatten und hoffentlich auch weiter haben werden.

Cornelia Mahler geb. Klink

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