Der Auftakt beim Tempelgründungstag in Form des Vortrags von Dr. Jakob Eisler war eine schöne Einstimmung auf die Eröffnungsveranstaltung am 29. Juni 2022 in Künzelsau. In dem wunderbaren Ambiente des Kulturhauses Würth mit Bibliothek Frau Holle hatten im vorbereiteten Erdgeschoss lange nicht alle angemeldeten Teilnehmer (160) Platz, so dass die Ansprachen sowohl in die Bibliothek als auch ins Freie übertragen wurden.
Nach einer musikalischen Einstimmung durch Darius Hummel am Sopransaxophon wurden wir durch die Direktorin der Sammlung Würth, Frau C. Sylvia Weber, begrüßt. Sie nahm Bezug auf die Freundschaft zwischen Prof. Dr. Alex Carmel, dessen Todestag sich am 18. Dezember zum zwanzigsten Mal jährt, und Prof. Reinhold Würth, der zu einem großen Unterstützer von Alex Carmels Projekten wurde.
Nach der allseits bekannten Melodie von »Havenu Shalom Aleichem«, wieder mitreißend vorgetragen, wandte sich Jörg Klingbeil an die Anwesenden, gab seiner Freude über die Gelegenheit Ausdruck, ebenfalls ein Grußwort sprechen zu dürfen und damit nicht nur die Tempelgesellschaft in Deutschland zu vertreten, sondern auch im Namen des Tempelvorstehers in Australien, Mark Herrmann, Grüße zu übermitteln. Er dankte dem Ehepaar Würth, diese außergewöhnliche Ausstellung in der Hirschwirtscheuer zu ermöglichen, nicht nur, um der persönlichen Freundschaft zu Alex Carmel und seiner Familie Ausdruck zu geben, sondern gleichzeitig auch, die wechselvolle Geschichte der Tempelgesellschaft einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Nach einem kurzen Blick auf die Geschichte der Gemeinschaft und deren Hintergrund ging er dann auf die Person Alex Carmels ein und würdigte ihn als Pionier der Erforschung des christlichen Beitrags zur Entwicklung Palästinas im 19. Jahrhundert. Seine Unermüdlichkeit und Hartnäckigkeit, aber auch sein Charme und seine Eloquenz ließen ihn in aller Welt ein Netzwerk für seine Forschung knüpfen und historisches Material erschließen. Er gründete das »Gottlieb-Schumacher-Institut« an der Universität Haifa und konnte mithilfe seiner Freunde und Unterstützer das ehemalige Haus des deutschen Vizekonsuls Keller auf dem Karmel zum Sitz des Instituts machen. Ohne sein Engagement wäre wohl auch die Tempelkolonie Haifa nicht so restauriert worden und zum Aushängeschild für den israelischen Denkmalschutz geworden. Nicht zuletzt habe er eine ganze Generation israelischer Historiker geprägt, von denen einer, sein ehemaliger Assistent Dr. Jakob Eisler, zusammen mit seiner Tochter Dr. Nurit Carmel, für die Ausgestaltung der Ausstellung mitverantwortlich sei. Das Bildmaterial für diese Ausstellung habe Alex Carmel ja quasi selbst beigesteuert, und dass sein Assistent und seine Tochter gemeinsam seine Arbeit fortgesetzt haben, hätte ihn ganz sicher sehr gefreut.
Danach wandten sich sowohl Nurit Carmel als auch Jakob Eisler an die Anwesenden, mit Bemerkungen zur Ausstellung und Dank, wollten aber nicht zu viel im Voraus verraten - die Begehung der Ausstellung in der Hischwirtscheuer sollte sich dann ja anschließen. Auch Nurit, die ihres Vaters persönlich gedachte, war der Meinung, dass diese Ausstellung für ihn eine große Freude gewesen wäre und dass er ja vielleicht von irgendwo zusehen würde ... Beide Kuratoren überreichten der Hausherrin Carmen Würth die Vergrößerung einer ausnehmend schönen Fotografie von Friedrich und Christian Imberger, die eine »Komposition zur Verlobung« von Carl Wieland und Theodora Sandel zeigt.
Mit einem ausführlichen Schlusswort richtete sich Prof. Reinhold Würth an die Anwesenden und thematisierte die enge Freundschaft, die ihn mit Alex Carmel über viele Jahre verbunden habe und die auch auf beide Familien übergegangen sei. Sie seien menschlich auf derselben Wellenlänge gewesen und er habe die Gesellschaft von Alex immer sehr genossen. In einer Zeit, in der man nicht wisse, wie sich alles entwickeln werde und in einem Alter, in dem er selber gut wisse, dass ihm nicht mehr allzu viel Zeit verbleibe, seien solche Erinnerungen besonders wertvoll. Eine weitere israelische Volksweise beendete diesen Teil der Veranstaltung.
Nach diesem Auftakt begab sich die Gesellschaft in die benachbarte Hirschwirtscheuer, wo sich die Ausstellung von über 100 Fotografien auf drei Etagen erstreckte. Die alten Fotografien waren technisch wunderbar aufbereitet worden, werden eindrucksvoll präsentiert und zeigen Familienbilder, Bilder des täglichen Lebens und der Arbeit, aber auch der Umgebung. Die Besucher konnten sich bei erfrischenden Getränken und kleinen Leckerbissen an den Bildern erfreuen - und, soweit es Templer waren, auch die eigenen Familien wiederentdecken.
In dem hochwertigen Ausstellungskatalog können informative Textbeiträge nachgelesen und alle Bilder nochmals in aller Ruhe betrachtet werden.
Nurit Carmel, Jakob Eisler: Die neue Heimat im Heiligen Land - Fotografien württembergischer Templer, Swiridoff Verlag, 2022, ISBN: 978-3-89929-428-6