Am 22. Juni feierten wir mit der Gemeinde den 147. Jahrestag (1861 auf dem Kirschenhardthof) der Tempelgründung. Bei strahlendem Sonnenschein erwarteten wir im Saal die Ansprache von Peter Lange. Für die musikalische Umrahmung der Feier danken wir Katharina Brade und Rumi Hornung. Katharina Brade demonstrierte uns wunderbar den herrlich weichen Klang ihrer Bratsche, eindrucksvoll am Klavier begleitet von Rumi. Wir hörten Werke von Hofmeister, Bach und als musikalischen Ausklang eine Elegie von Alexander Glasunow, die mir besonders gut gefiel.
Als Gäste durften wir unseren Tempelvorsteher Dr. Rolf Beilharz und seine Frau Vyrna begrüßen. Dr. Rolf Beilharz überbrachte Grüße der Gemeinden aus Australien. Als Geschenk überreichte er Peter das neue Buch von Irene Bouzo.
Den Bibeltext für seine Ansprache entnahm Peter dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesus: »Ihr seid in den Bau eingefügt, dessen Fundament die Apostel und Propheten bilden, und der Eckstein im Fundament ist Jesus Christus. Durch ihn wird der ganze Bau zusammen gehalten, durch ihn, den Herrn, wächst er auf zu einem heiligen Tempel. Weil ihr zu Christus gehört, seid auch ihr als Bausteine in diesen Tempel eingefügt, in dem Gott durch seinen Geist wohnt.«
Nach dem Gottesdienst und bis zum gemeinsamen Mahl war genügend Zeit für Begrüßungen und kleine Schwätzchen. Und dann wurde das Mittagessen aufgetragen. Der Duft ließ Köstliches erwarten. Wir wurden von der Küchen-Crew - wie in jedem Jahr - mit einem herrlichen Essen verwöhnt, einschließlich dem bekannt leckeren Nachtisch.
Gespannt waren wir auf den Vortrag um 14 Uhr von Dr. Jakob Eisler über sein Thema: »Der Johanniterorden und die württembergischen Templer in Jerusalem im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts«. Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. von Preußen gründete den evangelischen Johanniterorden 1852 in Brandenburg. Gleichzeitig ließ er in Jerusalem eine Krankenstation bauen. Vier Diakonissenschwestern betreuten dort in dem preußischen Hospiz Kranke, aber auch deutsche Handwerksburschen, die in Palästina auf Arbeitssuche waren. Die Handwerksburschen konnten im Hospiz 14 Tage auf Kosten des Ordens wohnen, andere Gäste bezahlten aber für ihren Aufenthalt. Im Jahre 1858 erfolgte die Gründung des Johanniterhospizes in Jerusalem. Dr. Eisler berichtete uns in seiner humorvollen Art, wie er Kenntnisse über viele Einzelheiten sammeln konnte. So fand er z.B. ein altes Gästebuch im Hospiz mit den ersten Eintragungen von Name, Herkunft und Aufenthalt der Reisenden. Als erste Templerin wurde 1862 Caroline Hessenthaler vom Kirschenhardthof vermerkt. Viele Templer benützten das Hospiz als Übernachtungsstätte, so auch David Gottlob Sandel und die Herren Hardegg, Breisch und Imberger.
Anlässlich der Eröffnung des Suezkanals 1868 besuchte Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. auch Jerusalem. Er nahm Logis im Johanniter-Hospiz, das entsprechend herausgeputzt wurde unter Mithilfe von mehreren Templern (z.B. den Herren Eppinger und Aberle).
Gustav Bauernfeind verbrachte über 7 Monate im Hospiz und malte in dieser Zeit 13 Aquarelle.
Bei der Pilgerreise von Prinz Eitel Friedrich im Jahr 1910 wurde das Hospiz der Auguste-Victoria-Stiftung auf dem Ölberg in Jerusalem eingeweiht. Dadurch verlor der Johanniterorden immer mehr an Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten palästinensische Flüchtlinge im Gebäude der Johanniter. Inzwischen wurde das ehemalige Hospiz restauriert und ist heute eine schöne Herberge, die 30 Gäste aufnehmen kann.
Der unterhaltsame Vortrag mit einigen Bildern versetzte uns in die Zeit in Jerusalem um 1860-1900. Es war eine wunderbare Reise in die Lebensweise auch unserer Vorfahren. Zurück in der Gegenwart rief das obere Stockwerk mit Kaffee und Kuchen. Wir kamen gerne.
Herzlichen Dank an alle Beteiligten, die diesen erfüllten Tag wunderbar gelingen ließen.