Die Warte des Tempels
Monatsschrift für offenes Christentum

Ausgabe 175/4 - April 2019

 

 

Hoffen über den Tod hinaus - Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel

Die Krankheit des Nationalismus - Dr. Einhard Weber

Er ist wahrhaftig auferstanden! - Karin Klingbeil

Mit Oma auf der »Freundschaftsbank« - Jörg Klingbeil

Hoffen über den Tod hinaus

Ein Streifzug durch die Religionen

Perry Schmidt-Leukel lehrt Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie an der Uni­versität Münster. Er ist weltweit einer der prominentesten Vertreter der pluralistischen Religi­onstheologie.

Als ich noch Student in München war, saßen wir zusammen in der Mensa. Ich erzählte begeistert von der alten buddhistischen Praxis, sich in der Meditation jeden Tag an die eigene Sterblichkeit zu erinnern und sich darin einzuüben, an nichts in der Welt anzuhaften. Ich fand das faszinierend - eine enorme Herausforderung, klar, aber auch eine Art Training in Wahr­heitserkenntnis und irgendwie befreiend. Doch ich weiß noch, wie eine Kommilitonin reagierte: »Ich würde dabei völlig depressiv werden und könnte nicht mehr leben.« Natürlich, zumeist leben wir, indem wir den Tod verdrängen. Am Beginn der Fastenzeit steht der Aschermittwoch mit der Spendung des Aschenkreuzes. Begleitet von den Worten »Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst«, zeichnet der Priester dem Kirchgänger mit feuchter Asche ein Kreuz auf die Stirn. In der katholisch geprägten Kleinstadt, in der ich aufwuchs, wischte man es nicht ab. Kein Aschenkreuz - das könnte ja bedeuten, dass man nicht in der Kirche war. Doch diesen Ritus ereilt zunehmend das gleiche Schicksal wie die Sache, an die er gemahnt. Er wird verdrängt. Religionen, zumindest in ihrer traditionellen Gestalt, kultivieren das Todesbewusstsein und wirken der Verdrängung entgegen. Warum eigentlich?...

Perry Schmidt-Leukel

 

Dieser Artikel ist für die Internetausgabe der »Warte« leider nicht freigegeben. Lesen Sie den vollständigen Artikel in der gedruckten Ausgabe der »Warte« oder in »Publik-Forum«, kri­tisch - christlich - unabhängig, Oberursel, Ausgabe 6/2018, Seite 28.

Die Krankheit des Nationalismus

»Dumpf ist die Luft um uns. Unter einer schweren Glocke verdorbener Dünste liegt erschlafft das alte Europa. Ein Materialismus ohne Größe lastet auf dem Denken, hemmt die Tatkraft der Regierungen und der einzelnen Individuen. Die ganze Welt geht an einem niederträchtigen Egoismus zugrunde; er wird sie ersticken.« (Romain Rolland, 1903, im Vorwort zu »Ludwig van Beethoven«)

Liebe Leserinnen und Leser,

ich beginne mit einem Geständnis: 1940 geboren, habe ich Krieg und vor allem Nachkriegszeit bewusst miterlebt und wurde in dieser Zeit von meiner Umgebung so geprägt, dass ich in jungen Jahren, noch als Student, Nationalist war. Eine Begegnung mit geistig bedeutenden Menschen und Auseinandersetzungen mit Literatur, wozu ich während meines Medizinstudi­ums reichlich Zeit hatte, führten mich zur Nationen übergreifenden Humanität. Und dabei spielte Albert Schweitzer eine entscheidende Rolle, weil er einer der wenigen war, der Chris­tentum lebte. (»Im Abendland hat es niemals ein Christentum gegeben, sonst wären von dort nicht ständig Kriege ausgegangen.« Mahatma Gandhi)

Dann entstand das von vielen lang ersehnte Europa. Feindschaften, die oft Jahrhunderte angedauert hatten, wurden überwunden und das Wunder geschah - in Mitteleuropa seit mehr als 70 Jahren kein Krieg!

Und obwohl die zur Zeit wichtigsten Probleme global sind und nur global gelöst werden können, erhebt sich die tot geglaubte Krankheit des Nationalismus erneut, ausgenutzt von Populisten, welche die existenzbedrohenden Veränderungen in der Welt herunterspielen oder gar leugnen, wie Herr Trump, den die US-Amerikaner in das höchste Amt ihres mächtigen Landes gewählt haben, vermutlich - auch jetzt noch - ohne zu ahnen, was sie mit dem »Ame­rica first« anrichten.

Wir leben in unruhigen, bedrohlichen Zeiten mit machtbesessenen, nicht gerade Vertrauen erweckenden Männern an der Spitze der wichtigsten Staaten, die sich selbst in »Demokratien« kaum kontrollieren, geschweige denn zügeln lassen. Mit Sorge schaut man auf China, USA, Russland und neuerdings auch Brasilien. Der weltweit enthemmte Nationalismus ist der Tod dieser Welt.

Und Europa, das uns 70 Jahre Frieden beschert hat, bröckelt, vor allem weil sich nationalis­tisch-fundamentalistische Demagogen hervorwagen, auch, weil sie eine geistige Auseinander­setzung nicht zu fürchten brauchen. Sicher, es gibt Parteien, die sich christlich nennen, die aber von Jesus meilenweit entfernt sind, weil unsere »Realpolitiker« eine Konfrontation offen­sichtlich fürchten, weil ihnen die geistig-ethischen Grundlagen fehlen.

Mittlerweile leugnen nur noch wenige die akute Gefahr eines von Menschen mit verursach­ten Klimawandels. Aber wie wollen wir das Ziel von »nur« 1,5 Grad Celsius Temperaturanstieg erreichen, wenn nicht einmal das wohlhabende Deutschland die selbst gesetzten Ziele erreicht, weil dadurch »Arbeitsplätze in Gefahr sind«, das Totschlagargument, womit man jede Diskussion in diesem Land beenden kann? Wo bleibt der Druck aus den Medien, wo der aus der Zivilgesellschaft, vor allem von Seiten der Studenten? Noch nie hat es so existentielle Probleme gegeben und noch nie gab es so lammfromme Studenten. Das Studium, das Examen, der Job, die Karriere sind wichtig. Was kümmert uns die Zukunft? Oder sind sie, vielleicht gezielt, so verschult, dass sie keine Zeit für geistige, ethische Gedanken haben, die außerhalb ihres Studienganges liegen?

Und Albert Schweitzer? Generell war er der Meinung: »Der Geist gebietet uns, anders zu sein als die Welt« (1952 in einem Vortrag in der Französischen Akademie der Wissenschaf­ten). Und wie sah er den Nationalismus?

Mit seiner Frau Helene war er nur knapp eineinhalb Jahre in Lambarene, um dort sein später weltberühmtes Urwald-Krankenhaus aufzubauen, als der 1. Weltkrieg ausbrach und er als Deutscher in einer französischen Kolonie nicht weiter arbeiten durfte. Das verschaffte ihm die Zeit, sich mit Kulturphilosophie zu beschäftigen und er begann ein Manuskript, das erst 2005 unter dem Titel »Wir Epigonen« veröffentlicht wurde, weil er es bei der Überführung nach Frankreich zurücklassen musste und es erst sehr spät zurück bekam, nachdem er seine »Kulturphilosophie I und II« bereits 1923 im Verlag C.H.Beck herausgegeben hatte. Diese Kulturphilosophie beginnt mit den Worten: »Wir stehen im Zeichen des Niedergangs der Kultur. Der Krieg hat diese Situation nicht geschaffen. Er selber ist nur eine Erscheinung da­von.«

Dieser Niedergang hatte mehrere Ursachen, deren Beginn schon in die Zeit der Französi­schen Revolution fällt. Es kamen zwei Jahrhunderte von Kriegen mit unbeschreiblichen Grausamkeiten, die auch nach dem 2. Weltkrieg nicht aufhörten und bis heute anhalten. Nur das vereinigte Europa hat uns, unseren Kindern und Enkelkindern bisher ungeheuer viel erspart, was demagogische Nationalisten und ihre Mitläufer ausblenden, nicht sehen wollen, dass erst der Zusammenschluss der europäischen Staaten uns Frieden beschert hat.

In »Wir Epigonen« schrieb Schweitzer mitten im 1. Weltkrieg: »Das Wesen des Nationalis­mus besteht also in einer krankhaften Deutung und Verarbeitung von Tatsachen des politi­schen Lebens auf Grund von Größen- und Verfolgungsideen, die in der abnormen Einbil­dungskraft vorhanden sind. Zugleich aber schuf er in den Gesinnungen, Worten und Hand­lungen, in denen er sich äußerte, eine fortwährende Verschlimmerung der Wirklichkeit.« Und in der Kulturphilosophie I »Verfall und Wiederaufbau der Kultur« heißt es: »Was ist Nationalis­mus? Der unedle und ins Sinnlose gesteigerte Patriotismus, der sich zum Edlen und Gesun­den wie die Wahnidee zur normalen Überzeugung verhält.«

Hört sich das nicht an wie eine Beschreibung unserer Zeit? Und hinzu kommt, dass die sozialen Medien die Krankheit potenzieren.

Albert Schweitzer hat ein Gedankengebäude errichtet, eine Philosophie, die diesem Irrsinn entgegenwirken kann. Er wurde weltberühmt, bekam den Friedensnobelpreis, aber seine Phi­losophie der »Ehrfurcht vor dem Leben«, aktueller denn je, geriet ins Abseits. Sie ist anstren­gend, sie verlangt einen Gesinnungswechsel, der ein einfaches, alles Leben schonendes Verhalten fordert. Diese Philosophie zu leben wird auch dadurch nicht einfacher, dass er sie auch noch vorlebte und zeigte, welche Einschränkungen sinnvoll wären.

Albert Schweitzer stellte keine Forderungen auf, aber er wies in eine Richtung, auf einen Weg, den jeder gehen kann und der helfen würde, den Hunger in der Welt zu verringern, dir Ressourcen zu schonen und die Temperaturerhöhung auf unserer schönen, einmaligen Erde in erträglichen Grenzen zu halten. Jeder von uns kann in seinem Bereich viel Richtiges und Gutes tun, Oasen der Menschlichkeit bilden und an einer Gesinnungsänderung im Sinne Albert Schweitzers mitarbeiten, sein geistiges Werk verbreiten, wobei wir im Deutschen Albert-Schweitzer-Zentrum in Frankfurt gerne helfen. ...

Es grüßt Sie herzlich Ihr Dr. Einhard Weber

 

Der Autor ist Vorsitzender des Deutschen Hilfsvereins für das Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene e.V.. Der Artikel erschien in der Ausgabe Februar 2019 der Mitteilungsblätter »Albert Schweitzer Aktuell« des Hilfsvereins.

BIBELWORTE - KURZ BETRACHTET

Er ist wahrhaftig auferstanden!

(Lukas 24,34)

Diese zutiefst umwälzende Erfahrung der Jünger, denen Jesus nach den biblischen Berichten erschienen ist, führte zur Entstehung und Verbreitung des Christentums. Die Jünger waren Jesus aus der Überzeugung gefolgt, dass seine Verkündigung wahrhaftig war, diese aus seiner Gott-Nähe heraus zu den Menschen kam.

Doch schon die Gefangennahme Jesu zerstörte bei ihnen all die Sicherheit, in der sie mit Jesus gelebt hatten. Allein Petrus folgte dem Trupp bis zum Palast des Hohepriesters, verleugnete Jesus dann aber auch aus Angst vor dem, was ihm als Begleiter Jesu hätte drohen können. Keiner der Jünger war da, als Jesus nach Golgatha geführt wurde, ein Außenstehender half ihm das Kreuz zu tragen und auch, dass der Jünger Johannes mit den Frauen an der Kreuzigungsstätte ausgeharrt habe, ist eine Legende.

Diese Entwicklung der Ereignisse muss die Jünger in eine existenzielle Verzweiflung gestürzt haben, die alles, an das sie geglaubt hatten, zunichtemachte - ganz besonders wohl ihre feste Überzeugung, dass Gott eindeutig hinter Jesu Verkündigung gestanden habe. Bis ins Innerste enttäuscht verließen sie alle Jerusalem.

In dieser emotionalen Grenzverfassung erlebten sie nun, dass Jesus wieder da war, zu ihnen sprach und wiederum vom Reich Gottes redete. Mehrfach wird beschrieben, dass sie ihn zunächst nicht erkannten, ihn aber schließlich an bestimmten Gesten, der Art, wie er ihnen die Schrift auslegte, und an seinem Friedensgruß erkannten - und kaum hatten sie ihn erkannt, verschwand er wieder vor ihren Augen.

Ich finde zweierlei bedeutsam: in den biblischen Berichten geht es nicht primär um das Phänomen der Auferstehung Jesu, sondern vielmehr um die Wirkung, die diese auf alle, denen er erschien, ausübte: ihre Wahrnehmung von der Wirksamkeit und Gegenwart Jesu, die sie aus der tiefen Verzweiflung riss, zusammen mit der Erkenntnis, dass Jesu Verkündigung doch wahr war und von Gott getragen sein musste!

Als zweites die Auferstehung an sich: schon immer haben die Menschen sich Vorstellungen von einer geistigen Welt gemacht, die neben der unsrigen existiert und auf geheimnisvolle Weise mit ihr verwoben ist - und etliche haben partiellen Zugang zu ihr erhalten, wie auch hier von den Jüngern berichtet wird. Für mich gehören Nahtoderfahrungen ebenfalls dazu, vor allem, weil sie bei den (meisten) Betroffenen eine neue Sicht auf den Sinnzusammenhang und einen positiven Lebenswandel herbeigeführt haben. Auch flößte ihnen ihr Tod keine Angst mehr ein - ebenso, wie das Vertrauen auf eine Auferstehungshoffnung dies tut.

Karin Klingbeil

LICHTBLICKE

Mit Oma auf der »Freundschaftsbank«

Omas sind ein Segen - zu dieser Schlussfolgerung kommt man unweigerlich aufgrund der Erfahrungen von Dixon Chibanda, einem Psychiater aus Zimbabwe. In diesem südafrikani­schen Land mit 16 Millionen Einwohnern hat er nur zehn freiberufliche und zwanzig angestellte Berufskollegen, obwohl ein großer Bedarf besteht. Die Arbeitslosigkeit beträgt rund 80 %, 70 % leben in Armut; Alkohol, Drogen und HIV sind weit verbreitet. Das Land hat viele Jahre Bürgerkrieg und Diktatur durchgemacht. Und jeder vierte Einwohner leidet an Depressionen. Zusammen mit einer in Zimbabwe ansässigen deutschen Psychologin wollte Chibanda zumin­dest hieran etwas ändern. Eher zufällig kamen sie auf die Idee, für die psychologische Betreuung der Bevölkerung Großmütter als Helfer einzusetzen, denn - so die simple Idee - Großmütter gibt es an jedem noch so abgelegenen Ort, sie werden respektiert und haben Zeit. Mit 14 Omas startete Chibanda im Jahr 2005 für eine Feldstudie im Rahmen seines Studiums. Einzige Voraussetzungen: Sie brauchten ein Handy und mussten lesen können. Sie wurden dann mehrere Wochen in Verhaltenstherapie unterwiesen und erhielten detaillierte Frage­bögen und Anleitungen. Dann setzten sich die Omas im Ortszentrum auf eine Parkbank, die sie »friendship bench« (»Freundschaftsbank«) tauften und warteten auf »Patienten«. Und tatsächlich - die Menschen kamen zu ihnen. Meist sei es ein ganzes Bündel an Elend und Leid gewesen, das die beiden dann gemeinsam aufschnürten und nach und nach zu lösen versuchten, berichtet der Psychiater über die ersten Erfahrungen. Selbstverständlich seien die schwereren Fälle an das nächste Ärztezentrum weitergeleitet worden. In den meisten Fällen können aber die Großmütter selbst den Betroffenen helfen: Sie hören zu, sie trösten, sie weinen mit, sie helfen, die Probleme zu benennen, zu gewichten und nach Lösungen zu suchen. »Unsere Omas ersetzen viele teure Therapien«, meint Chibanda. Inzwischen haben er und seine deutsche Kollegin mehr als 500 Omas zu Helferinnen ausgebildet. Damit werden zwei Drittel des Landes abgedeckt und pro Jahr 35.000 Sitzungen ermöglicht. Nebenbei: Der zunächst ebenfalls angedachte Einsatz von Opas als freiwillige Helfer bewährte sich nicht. »Viele Männer haben Probleme mit Empathie und können nicht so gut trösten wie die Omas«, erklärt Dixon Chibanda, »außerdem sollen sich die Helfer zurückhalten und ihre Patienten nicht aktiv anleiten, wie sie ihre Probleme zu lösen haben. Die Betroffenen sollen selbst entscheiden. Die Opas, mit denen wir es probiert haben, haben das nicht berücksichtigt und sofort das Heft in die Hand genommen.«

Die Großmütter aus Zimbabwe sind so erfolgreich, dass die Gründer mit ihrer gemeinnüt­zigen Organisation das Modell »Freundschaftsbank« schon in andere Länder exportiert haben, sowohl innerhalb von Afrika als auch in die Karibik. Vor einem Jahr wagten sie einen außergewöhnlichen Schritt und starteten ihr Projekt mitten in New York, obwohl dort wahrlich kein Mangel an Psychotherapeuten besteht - ein Psychiater kommt dort auf 6.000 Einwohner. Trotzdem gelang es Chibanda, die Gesundheitsbehörden von seiner Idee zu überzeugen, denn viele Einwohner haben keinen Zugang zu Hilfsangeboten. Zu »seinen« Omas, die ihre Bänke in Manhattan und in der Bronx, in Brooklyn und East Harlem aufstellten, kamen im vorigen Jahr tausende Menschen, die an psychischen Störungen litten. Mittlerweile wurden auch in Queens und auf Staten Island Holzbänke aufgestellt. London soll in diesem Jahr folgen, auch wenn der viele Regen dort stört. In Afrika werden die Bänke einfach in der Ortsmitte unter einen schattigen Baum gestellt. In London wird jetzt daran gedacht, U-Bahn-Stationen als Standorte zu wählen.

Die Großmütter erhalten für ihre Arbeit übrigens kein Geld; ihnen habe die Anerkennung gereicht, berichten die Initiatoren, die sich anfangs noch Sorgen machten um die psychische Belastung der Omas wegen der traurigen und oft grausamen Geschichten, die sie zu hören bekamen. Die Befragungen hätten aber ergeben, dass die Befürchtungen unbegründet waren; beide Seiten - Patienten und Omas - hätten von den Gesprächen profitiert. Auch bei den Großmüttern seien Selbstwertgefühl und Wohlbefinden dadurch gestiegen. Kein Wunder, dass das Interesse an dem Projekt weltweit gewaltig ist; Chibanda kann sich vor Anfragen kaum retten und wirbt überall um Unterstützung, sei es vor Gesundheitspolitikern aus aller Welt oder auf dem letzten Weltwirtschaftsgipfel in Davos. Mehrere Universitäten und internationale Hilfsorganisationen unterstützen ihn und haben z.B. die Bänke finanziert. Der Gründer selbst arbeitet ehrenamtlich, sein Geld verdient er mit seiner Praxis in der Hauptstadt Harare. Nach seinen Erfahrungen ist Zimbabwe ein traumatisiertes Land - die Großmütter sind für ihn wahre Heldinnen - »Hüterinnen der Weisheit« nennt Dixon Chibanda sie. Ursprünglich wollten er und seine Kollegin für seine Studie mit Krankenschwestern arbeiten, doch das sei ihm nicht genehmigt worden. Insofern seien die Omas eine Notlösung gewesen, gibt er zu, die Parkbänke auch, weil keine Praxisräume verfügbar waren. Heute ist sich Chibanda sicher: Ohne Omas und Parkbänke hätte sein Projekt nicht geklappt. Vielleicht lag es auch am Namen: Zuerst hatten die Initiatoren die Bänke »Mental Health Bench« genannt - die Resonanz war gleich Null. Offenbar dachten viele bei diesem Namen an »Irrenarzt« und »Klapse«, meint Chibanda, »erst als wir die gewöhnliche Parkbank zur »Freundschaftsbank« umgetauft haben, kamen die Menschen - das Wort "Freundschaft" hat den Unterschied ausgemacht.«

Jörg Klingbeil

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