Die Warte des Tempels
Monatsschrift für offenes Christentum

Ausgabe 173/11 - November 2017

 

 

Durch Dunkel zum Licht - Ursula Hammer

Vom Dienen und Herrschen - Jörg Klingbeil

Buchbesprechung II: Heinrich Becker: »Gottfried Schwarz 1845-1920« - Peter Lange

Neues aus dem Archiv - Jörg Klingbeil

In eigener Sache - Karin Klingbeil

Durch Dunkel zum Licht

Ursula HammerAm 21. Oktober 2017 jährte sich der Todestag von Ursula Hammer zum 30. Mal. Mit dem Abdruck ihrer Predigt zum Volkstrauertag 1986 wollen wir daran erinnern, dass sie viele Jahre lang ein engagiertes Mitglied des TGD-Ältestenkreises war.

Gedanken über die Vergänglichkeit unseres Lebens

Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden (Psalm 90, 12)

Im vorigen Sommer, beim Spazierengehen im Wald, fasste mich meine kleine Enkelin plötzlich an der Hand und zog mich aufgeregt zum Gebüsch. Hier lag, scheinbar unverletzt und wohl eben erst gestorben, eine tote Spitzmaus. Eigentlich wollte ich schnell weitergehen, aber meine Enkelin guckte mich so fragend an, dass ich ihr erklärte, dass die Maus nicht mehr fressen, nicht mehr laufen und nicht mehr piepsen könne, dass die kleine Spitzmaus tot sei. Im Weitergehen hörte ich Theresa noch viele Male mit nachdenklichem Gesicht sagen: »Spitzmaus tot, Spitzmaus tot«.

Im Gegensatz zu Tieren, die tote Lebewesen, auch die eigenen Artgenossen, kaum beachten, hatte das kleine Menschenkind, noch nicht einmal zwei Jahre alt, eine erste Begegnung mit dem Tod. Sie weiß nun um den Tod, wenn auch natürlich in unvollkommener Weise und ohne ihn auf sich oder ihre Nächsten zu beziehen. Wir Älteren und Alten kennen den Tod inzwischen ganz gut. Im Krieg, in gefährlichen Situationen, in schwerer Krankheit haben wir ihm wohl alle schon einmal ins Auge gesehen. Vor allem haben wir in einem langen Leben immer wieder erlebt, dass Weggefährten durch den Tod von unserer Seite gerissen wurden. Und es waren nicht nur die Müden und Alten, sondern auch der gute Freund, die junge Mutter, der vertraute Partner, das geliebte Kind. Wir haben mit ansehen müssen, wie ein junges Leben durch eine verirrte Kugel oder einen banalen Verkehrsunfall ausgelöscht wurde, als sei es die gleichgültigste Sache der Welt. Wir haben erlebt, wie der junge Vater, der noch so gebraucht wurde, wie die Freundin, die unser Leben begleitet hat, von einer Krankheit zu Tode gefoltert wurden. Wir begleiten unsere Alten, wenn sie den langsamen, oft jahrelangen Tod auf Raten sterben. Wir müssen zusehen, wie eine Zellgruppe nach der anderen die Arbeit einstellt, der Verstand und die Persönlichkeit vernichtet werden, die Glieder und Sinne den Dienst versagen - lange ehe der Tod sich die letzte Rate holt und endgültig zuschlägt.

Wenn wir in unserem Leben eines ganz genau wissen, dann ist es dies: Auch wir werden eines Tages ausgelöscht, als wären wir nichts. Vielleicht gerade dann, wenn das Leben uns schön erscheint oder wenn wir meinen, nach vielen Kämpfen im Alter ein bisschen weiser, ein bisschen gütiger, vielleicht gar ein bisschen vollkommener geworden zu sein (soweit dies Menschen möglich ist). Wie mühsam haben wir Erkenntnisse gewonnen in unserem Leben, wie schwer ist es uns geworden, ein bisschen mehr so zu werden wie wir gerne sein wollten. Alles, damit wir eines Tages vernichtet werden? »Wo bleibe ich dann aber mit dem Licht in mir, dem Licht von Dir, o Gott?« hat ein holländischer Dichter kurz vor seinem Tode geschrieben.

Ja, wer ein Stück Leben auf dieser Erde hinter sich gebracht hat, kennt sich ganz gut aus mit dem Tod, und eigentlich ist es unverständlich, dass wir uns erregen können über politische Probleme, religiöse Glaubenssätze, den Kurs des Dollars, Tschernobyl und das Wettrüsten. »Mitten im Leben sind wir vom Tode umfangen« beginnt ein Lied in unserem Gesangbuch. Das heißt doch, dass der Tod ständig in unserer Mitte hockt, und wir nicht wissen, wen er als nächsten holt und wann wir selbst drankommen. Das ist das Grauenhafte, die furchtbare Zumutung, das grausame Rätsel unseres Lebens. Davor haben wir Angst, solange wir leben. Eigentlich müssten wir pausenlos weinen, schreien, toben, mit Gott hadern wie Hiob oder wenigstens ständig ihn anflehen, dass er dieses Leiden von uns nehmen solle. Sicher hat das auch schon mancher getan, wenn der Tod ihn selbst anrührte oder ihm sein Liebstes nahm.

Im Allgemeinen tun wir aber etwas ganz anderes, etwas sehr Menschliches, Verständliches und vielleicht oft auch Vernünftiges: Wir tun so, als ob es den Tod nicht gäbe, wir vergessen ihn ganz einfach, wir wissen zwar vom Tod, aber wir bedenken ihn nicht. Gerade das aber, fordert unser Psalm, sollen wir tun:

»Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden«. Was ist es wohl, was wir bedenken sollen, was könnten die Gedanken an den Tod uns lehren? Ich meine, zunächst einmal dies: Wir Menschen sind nun einmal keine Götter und auch keine Halbgötter, sondern ein Teil der Schöpfung, der Natur. Wir genießen ihre tausendfältige Schönheit, wir schmecken Früchte, Brot und Wein. Wir spüren wohlig die Sonnenstrahlen auf unserer Haut, hören den Vogel singen und riechen den Duft der Rose. Wir freuen uns an ihren Wohltaten, aber wir sind auch ihren Gesetzen unterworfen und müssen sterben wie alle Kreaturen dieser Welt. Vielleicht helfen solche Gedanken gegen menschlichen Größenwahn, gegen den Wahn, alles machen zu können und zu dürfen.

In einem Gedicht von Justinus Kerner heißt es:

Fahr zu, o Mensch, treib"s auf die Spitze

Vom Dampfschiff bis zum Schiff der Luft,

Flieg mit dem Aar, flieg mit dem Blitze!

Kommst weiter nicht als bis zur Gruft.

Ein bisschen realistischer und bescheidener zu werden, das könnten uns die Gedanken an das todsichere Schicksal aller Menschen wohl lehren.

Klug sollten wir auch werden, wenn wir uns ständig vor Augen halten, dass unsere Tage gezählt sind, dass wir mit jeder Stunde ein Stück der uns zugeteilten Zeit verbrauchen. In unserem Psalm heißt es in einem anderen Vers, dass die Menschen »wie ein Gras sind, das da frühe blüht und bald welk wird und des Abends abgehauen wird und verdorrt«. Und von unserem Leben heißt es. »denn es fähret schnell dahin, als flögen wir«. Der Theologe Helmuth Thielicke nannte sein letztes Buch »Zu Gast auf einem schönen Stern«, und ein ganz banaler Spruch heißt. »Man lebt ja nur so kurze Zeit und ist so furchtbar lange tot.«

Alles Leben ist aus toter Materie entstanden und zerfällt wieder in tote Materie. Millionen Ewigkeiten waren, bevor mein Leben begann, und Millionen Ewigkeiten werden sein, nachdem ich wieder zu Staub zerfallen sein werde. Jedes Leben ist wie ein kurzer Jubelschrei zwischen Ewigkeiten des Todes, wie ein Sonnenkringel auf einer schnell zerfließenden Welle, ein unendlich kostbarer kurzer Triumph des Lebens über die tote Materie.

Glücklich und dankbar sein, weil ich jetzt und heute leben darf, das ist vielleicht gar nicht zeitgemäß, aber wir sollten es lernen oder wieder lernen. Die Gedanken an unser Ende sollten uns lehren, jede unserer kostbaren, abgezählten Stunden, die wir ohne Schmerzen, großes Leid oder schwere Sorgen verbringen dürfen, dankbar zu genießen. Wenn wir Tag für Tag daran denken, dass unsere Zeit abgemessen ist, verbieten wir uns vielleicht, auch nur eine einzige Stunde zu verderben mit fruchtlosem Grübeln, sinnlosem Ärger, kleinlichen Sorgen. Ja, vielleicht werden wir auch mit großen Schicksalsschlägen besser fertig, wenn wir uns klarmachen, dass Hadern und Grämen uns unwiederbringliche Stunden verbittern.

Bedenken sollten wir nicht nur unser eigenes Ende, sondern auch das unserer Wegge­nossen. Einmal kommt der Tag, an dem ich dem Freund nicht mehr helfen kann, dem Bruder nicht mehr andeuten kann, dass ich den alten Streit vergessen habe. Eines Tages werde ich meiner Mutter keine Blumen mehr schenken und mich nicht mehr bei meiner Kollegin ent­schuldigen können. Herr, lehre uns bedenken, dass wir unsere Mitmenschen nur auf Zeit um uns haben, dass auch ihre Tage und Stunden gezählt sind und wir sie ihnen nicht verderben dürfen!

Unser Ende vor Augen zu haben, heißt auch an die Stunde zu denken, in der wir nichts, gar nichts mehr in unserem Leben ändern können, so sehr wir es dann vielleicht auch wollen. Auf was für ein Leben wollen wir denn dann zurückblicken? Waren die Gewichte richtig verteilt, haben wir unsere Zeit genutzt? Oder haben wir sie vollgestopft mit Kleinkram und unwichtigem Zeug? Haben wir nur Reichtümer angesammelt, die wir jetzt doch aus der Hand geben müssen? Waren wir unseren Mitmenschen das, was sie von uns erwarten durften? Kurz: Ist die Welt - der kleine Teil davon, der unsere Welt war - durch uns ein bisschen heller und freundlicher, gerechter und menschlicher geworden? Oder haben wir sie nur wirrer und finsterer gemacht? Versuchen wir unsere Tage so zu leben, dass wir am Ende mit gutem Gewissen auf sie zurückblicken können, auf jeden abgezählten Tag?

Ein Schriftsteller hat es so ausgedrückt: »Gott gab dir diesen Tag, und du kannst damit machen, was du willst. Du kannst jemanden glücklich machen oder traurig. Was hast du gemacht mit diesem Tag, den du hattest? Gott hat ihn dir gegeben; du konntest machen, was du wolltest. Du konntest Böses tun oder Gutes. Du konntest jemandem ein Lächeln schenken oder ihm einen bösen Blick zuwerfen. Du konntest einem aufhelfen oder einen zu Boden schmettern. Du kannst einem, der es schwer hat, das Leben leichter machen; du kannst ebenso gut einen hindern, weiterzukommen. Du kannst nach einer Rose suchen oder Unkraut sammeln, was hast du aus diesem wundervollen Tag gemacht? Gott hat ihn dir gegeben; hast du ihn vielleicht vergeudet?«

Die letzte Stunde als Stunde der Abrechnung? Wir alle kennen die düsteren Riesengemälde mittelalterlicher Maler, die das »Jüngste Gericht« zeigen. Wir können das heute nicht mehr so recht nachempfinden. Aber wir können uns wohl vorstellen, dass wir einmal friedlicher von dieser Erde scheiden, wenn wir das Gefühl haben können, unsere Tage im Einklang mit unserem Gewissen gelebt zu haben. Auch nach einem einigermaßen rechtschaffenen Leben wird es vieles geben, was wir gerne noch verändern und verbessern wollen, was wir schmerzlich bereuen. Dann kann es tröstlich sein, wenn man sich sagen darf, dass man sich redlich bemüht hat, das Rechte zu tun, so wie es einem eben im Augenblick richtig erschien.

Andererseits kann es wohl sehr, sehr bitter sein, wenn man am Ende auf ein durch eigene Schuld verpfuschtes und vertanes Leben zurückblicken muss. Zu wissen, dass man den Sinn seines Lebens verfehlt hat und nun nichts, gar nichts mehr ändern kann; für diese Qual steht wohl das Bild von der Hölle.

Nicht nur das Gewesene quält uns, wenn wir an den Tod denken, sondern auch das Zukünf­tige. Auch wenn unser Leben vielleicht gar nicht mehr so schön ist, sondern durch Krankheit und Alter behindert, so sind wir doch in dieser Welt beheimatet und wollen im Gewohnten und Vertrauten bleiben. Und nun verlieren wir nicht nur unsere Welt, sondern auch uns selbst. Was haben Menschen durch die Jahrtausende nicht alles getan, um ihr Leben über ihren Tod hinaus zu verlängern! Wenn schon nicht der lebendige Mensch, dann sollte sein Name weiterleben; von der Toten Tatenruhm ist in der Edda die Rede; Dichter und Denker, Maler und Bildhauer wollten in ihren Werken unsterblich werden, Könige und Staatsmänner ließen ihr Bildnis in Erz gießen oder in Marmor hauen, ganze Völker balsamierten ihre Toten ein, um ihren Leib zu erhalten, und die alten Ägypter errichteten gewaltige Pyramiden für ihre Könige. Was hat man Toten nicht alles ins Grab gelegt, doch sicher in der Meinung, dass sie in irgendeiner Form weiterleben würden: Waffen, Schmuck, Wein und Lebensmittel, ja dem Keltenfürsten von Hochdorf gar einen ganzen Wagen. Und auch wir setzen unseren Toten einen Grabstein, damit sie wenigstens in der Erinnerung noch ein Weilchen weiterleben.

In mehr übertragenem Sinne stellen wir uns wohl vor, in unseren Kindern oder in unserem Volk weiterzuleben. Aber auch Kinder und Enkel sind sterblich und Völker können untergehen. Selbst Grabsteine verwittern und Standbilder zerfallen. Letztendlich müssen wir uns mit der bitteren Tatsache abfinden, dass wir im Tode unsere Individualität, uns selbst aufgeben müs­sen. Haben wir davor Angst? O ja, wir müssten erhabene Halbgötter oder Wesen aus Stein sein, wenn wir keine Angst hätten, uns selbst aufgeben zu müssen. Auch von dem Mann in Gethsemane steht geschrieben, dass er anfing zu zittern und zu zagen und zu seinen Jüngern sagte: »Meine Seele ist betrübt bis an den Tod«. Auch Jesus von Nazareth hatte Angst vor dem Tode und betete damals: »Vater ist"s möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber!« Und er schrie am Kreuz: »Mein Gott, mein Gott, hast du mich verlassen?« Jesus hatte in Gethsemane keinerlei Illusionen über das, was ihn erwartete, er ging nicht leichtsinnig und fröhlich in den Tod. Er nahm in Demut den Auftrag an, der ihm von Gott zugewiesen wurde, den Auftrag, sich selbst aufzugeben. Und das wird auch von uns einmal verlangt werden, dass wir das Ende unseres Lebens, die Auflösung unserer Person in Demut hinnehmen.

Was dann mit uns sein wird? Kein noch so scharfsinniger Verstand, keiner unserer Sinne, alle unsere Seelenkräfte reichen nicht aus, über die Todesgrenze zu blicken. Wir wissen nicht, was sein wird, und auch das macht uns Angst. An eine endlose Verlängerung unseres Lebens im Jenseits, sozusagen ein verbessertes Diesseits im Himmel mögen wir nicht so recht glauben.

Und doch träumt die Menschheit vom verheißenen Paradies, vom Reich Gottes hier oder dort, vom himmlischen Jerusalem, von der ewigen Seligkeit. Kurt Tucholski hat kurz vor seinem Tode über sein Leben geschrieben: »Das war alles? Ich habe es nicht richtig verstanden, und es war ein bisschen laut.« Damit drückt er aus, was wohl viele Menschen auch nach einem guten und erfüllten Leben empfinden. Der Mensch ist eben nicht nur Teil der Schöpfung, sondern trägt in sich einen Funken, der über dieses Leben hinausweist - »das Licht in mir, von dir, o Gott«.

Wir wissen, dass unser Leben aufgehoben, beendet wird und wir hoffen, dass wir dann nicht ins Bodenlose fallen, sondern das Licht in uns auch aufgehoben, nämlich gehalten und bewahrt wird. Wir erwarten kein immerwährendes Schlaraffenland im Himmel, weder für uns noch für unsere Lieben. Wir wollen etwas ganz anderes. Wir sehnen uns danach, dass wir am Ende unseres Lebens mitsamt unserem stümperhaften Lebenslauf in Liebe angenommen werden, dass uns die Schuld, die wir alle in diesem Leben auf uns geladen haben, vergeben werde. Wir hoffen, dass das Licht in uns endlich Erfüllung und Vollendung erfährt, dass wir durch das Dunkel zum ewigen Licht, vom Unvollkommenen zum Vollkommenen geführt werden. Wir wollen aus dem Gleichgültigen und Unbedeutenden zum Wesentlichen, aus den Halbheiten zum Ganzen, aus Streit, Hass, Neid und Missverständnissen zum ewigen Frieden.

Wir vertrauen darauf, dass der Mensch nicht umsonst diese Sehnsucht in sich trägt, dass auch der Teil seines Wesens, der in diesem Leben keine Erfüllung findet, einmal zur Vollendung kommt. Wie wir das »ewige Heil« erfahren werden, wissen wir nicht. Vielleicht ist es ein Weiterleben in veränderter Gestalt, vielleicht auch das Aufgehen in einer anderen Wirklichkeit oder die Vollendung in einem Augenblick seligen Verlöschens.

Unsere Aufgabe kann es nicht sein, auf die Endlosigkeit zu starren und wissen zu wollen, was wir niemals wissen können. Versuchen wir vielmehr, ein Stück von der anderen Wirklichkeit in unsere Welt hereinzuholen, vom Reich Gottes oder wie wir es nennen wollen. Strecken wir uns vertrauensvoll aus nach Gott, der auch dann sein wird, wenn wir vergehen. Strecken wir uns ihm entgegen - unser ganzes Leben lang - und lassen wir uns am Ende getrost fallen aus der Zeit in die Ewigkeit.

Ursula Hammer

BIBELWORTE - KURZ BETRACHTET

Vom Dienen und Herrschen

Es erhob sich auch ein Streit unter ihnen, wer von ihnen als der Größte gelten sollte. Er aber sprach zu ihnen: Die Könige herrschen über ihre Völker, und ihre Machthaber lassen sich Wohltäter nennen. Ihr aber nicht so! Sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste und der Vornehmste wie ein Diener. Denn wer ist größer: der zu Tisch sitzt oder der dient? Ist"s nicht der, der zu Tisch sitzt? Ich aber bin unter euch wie ein Diener. (Lk 22, 24-27)

Der Evangelist zeichnet hier - in dem spannungsgeladenen Zeitabschnitt zwischen dem letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern und seinem Gebet im Garten Gethsemane - ein über­raschend schonungsloses Bild von Geltungssucht und Konkurrenzdenken unter den Anhängern Jesu. Möglicherweise wollte Lukas aufgrund von Zwistigkeiten in den noch jungen Gemeinden seiner Zeit mit dem kurzen Disput das Verständnis Jesu vom Reich Gottes noch einmal verdeutlichen: Es hat nichts gemein mit den Mächtigen dieser Welt und es ist erkennbar das Gegenteil von Herrschaft und Gewalt. Und alle, die an diesem Reich teilhaben (wollen), sind aufgerufen, sich im Zweifelsfall auf die Seite der Beherrschten und nicht die der Herrschenden zu schlagen.

Man kann diese - und ähnliche, auf Macht und Besitz bezogene - Aussagen Jesu durchaus radikal und politisch verstehen. Jesus ruft aber nicht zum Umsturz auf, sondern appelliert an die Haltung des Einzelnen, der durch sein eigenes Verhalten vorbildhaft wirken soll, auch in sein Umfeld hinein. Man mag Jesus als Phantasten bezeichnen und seine geradezu „anar­chistische“ Vorstellung vom menschlichen Zusammenleben auf seine Naherwartung vom baldigen Anbrechen einer Gottesherrschaft zurückführen. Man mag argumentieren, dass keine Gesellschaft ohne eine arbeitsteilige Organisation und damit eine Hierarchie auskommen und dass eine Gesellschaft nur aus „Dienern“ nicht funktionieren könne. Dennoch sind seine Forderungen im Kern weiterhin gültig: Dass Menschen ihre eigenen Interessen zurückstellen und primär das Gemeinwohl im Auge haben sollten. Dass sie bereit sein sollten zu „dienen“, indem sie sich für andere einsetzen. Und dass sie (unvermeidliche) Herrschaft als abgeleitete Macht, mithin als „Dienst“ auf Zeit im übergeordneten Interesse begreifen und die anvertraute Macht nicht zum Schaden anderer missbrauchen sollten. Dabei spricht Jesus von Moral nicht oberlehrerhaft und abstrakt, sondern überzeugt, indem er schlicht auf seine eigene, von den Jüngern bereits konkret erfahrene Bereitschaft zu dienen verweist. Übrigens: Gelegenheit, der Gemeinschaft zu dienen, gibt es auch in der Tempelgesellschaft.

Jörg Klingbeil

BUCHBESPRECHUNG - TEIL 2

Heinrich Becker: »Gottfried Schwarz 1845-1920«

Gegen die Irrlehren der Kirchen

Hardcover 2017, Layout: Wolfgang Struve, 366 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und Dokumenten, Bestellungen: Heinrich Becker, Barrystr. 4, 79618 Rheinfelden

Der am Schluss des ersten Teils dieser Buchrezension berichtete Zusammenstoß der beiden Pädagogen Christoph Hoffmann und Gottfried Schwarz in Jaffa in Fragen der Unterwerfung der Ältesten und Lehrer unter die Anordnungen des Tempelvorstehers ist für uns heute schwer nachvollziehbar, der Austritt von Schwarz aus der Tempelgesellschaft und das Beharren Hoffmanns auf seiner Autorität unverständlich und unnötig. Wäre nicht das Bemühen um eine Verständigung unter den Beteiligten statt kategorischer Absagen dem gemeinsamen Unter­nehmen dienlicher gewesen? Hätte es dem Ziel des Aufbaus christlicher Gemeinden im Heiligen Land nicht mehr gedient?

Doch so einfach dürfen wir es uns nicht machen. Die Trennung der beiden einstigen Freunde Christoph Hoffmann und Georg David Hardegg hat doch gezeigt, dass der einge­schlagene Kurs ihres Unternehmens durch gegensätzliche religiöse Einstellungen damals ins Schlingern geraten war. Dabei waren es im Fall der Kontrahenten Hoffmann und Schwarz durchaus keine gegensätzlichen religiösen Ansichten gewesen, wenn bei Hoffmann das Amtsverständnis eines geistigen Führers und bei Schwarz die Nachdrücklichkeit der persönlichen geistigen Freiheit die Kontroverse entzündet hatte.

Doch es kommt uns nicht zu, so viele Jahre nach dem Bruch von 1879 über die Richtigkeit der vorgebrachten Begründungen ein Urteil abzugeben. Das Buch von Heinrich Becker lädt aber dazu ein mitzufühlen, wie es zu der jeweiligen Haltung gekommen war. Die bei Gottfried Schwarz nach dem Bruch mit Hoffmann zu beobachtende geistig-religiöse Einstellung lässt die Vermutung aufkommen, dass sein Lebensweg eben wegen seiner in der Zeit seiner Templer-Mitgliedschaft erworbenen kirchenkritischen und freichristlichen Haltung einen unruhigen Verlauf nehmen musste, in ähnlicher Weise, wie das auch in Christoph Hoffmanns Leben geschehen war.

Nach Gottfried Schwarz‘ Austritt aus der Tempelgesellschaft folgte einige Monate später auch die Beendigung seiner Lehrtätigkeit in der Tempelschule in Jaffa, die zunehmend von einheimischen arabischen Schülern besucht wurde. Der Wegzug aus Jaffa war dann nur noch eine logische Folge seines Schrittes. Er musste eine neue Einnahmequelle finden, um seine junge Familie über Wasser zu halten. 1880 gründete er deshalb in Beirut unter den dort lebenden Deutschen eine deutsche Schule, deren Betrieb aber nach 7 Jahren mangels Schü­ler wieder eingestellt werden musste.

Dann blieb ihm kein weiterer Weg übrig, als in die deutsche Heimat zurückzukehren. Er hatte sich schon von Beirut aus um eine Pfarrstelle in der Badischen Evangelischen Landes­kirche bemüht und diese dann auch, zuerst in Rosenberg bei Adelsheim, dann in Binau am unteren Neckar, erhalten. Kanzel und Altar in BinauWas dem Leser sonder­bar erscheinen wird: Nirgendwo erkundigte sich jemand damals nach seiner früheren Zugehörigkeit zum Tempel oder äußerte Zweifel an seiner Eig­nung als badischer Dorfpfarrer.

Deshalb ist umso bemerkenswerter, dass Schwarz sich eines Tages selbst »outete«, wie man es heute sagt. Ihm scheint der innere Gewissens­konflikt auf Dauer keine Ruhe gelassen zu haben, dass er sonntags auf der Kanzel teilweise eine andere Lehre verkündigen sollte als die von ihm für richtig und wahr erkannte.

Der Schritt zur Bekanntgabe seiner religiös-kriti­schen Haltung zu Glaubensinhalten erfolgte 1894. Im Mai jenes Jahres sandte er ein Flugblatt mit dem Titel »60 Sätze gegen die Irrlehren der Christenheit« an die Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats der Badischen Landes­kirche. Ein ihm bereits bekannter Dekan hatte ihm allerdings von diesem Schritt wohlwollend abgeraten. Schwarz wollte sich selber aber nicht untreu werden und schlug den Vorschlag, auf anderem Wege kritische Fragen zu stellen, in den Wind.

Es standen in der Tat äußerst provozierende Aussagen in seinen »60 Sätzen«, wie z.B.: »Die in der evangelischen wie in der katholischen Kirche gehegten Lehren von der Dreieinig­keit und vom Verdienst Christi stehen im Widerspruch mit dem Evangelium Jesu Christi und sind verderbliche Irrlehren.« Es kam, wie es kommen musste, nämlich zu einem Streit mit der Badischen Landeskirche und zu einem stufenweise erweiterten Verfahren einer Amtsenthe­bung. Jetzt musste Gottfried Schwarz sich vehement gegen ein Ausschlussverfahren mit allen ihm möglichen Mitteln zur Wehr setzen: »Meine Schrift dient der Erforschung der Wahrheit, und diese ist die Grundlage aller Sittlichkeit und aller Ordnung in der Welt. Die Wahrheit zu bezeugen, hat Jesus Christus als seine göttliche Sendung erklärt, und es ist daher höchste Pflicht eines jeden Dieners Jesu Christi, die Wahrheit zu erforschen und zu bezeugen.«

Es kam zu einer Anhörung vor dem Oberkirchenrat, wobei die wirklich brisanten Themen der »60 Sätze«, wie Dreieinigkeit, Bedeutung des Opfertods Christi und die Sakramentslehre, nur am Rande gestreift wurden und ihm im Wesentlichen »Hierarchiefragen innerhalb der Kirche« zum Vorwurf gerieten. Er wurde beschuldigt »der Beschimpfung der Kirche und ihrer Lehrer« und »des Ungehorsams gegen die vorgesetzte Behörde«. Alle Rechtfertigungen seinerseits verhallten ungehört, ein Berufungsersuchen an den badischen Großherzog blieb erfolglos, es kam zur Amtsenthebung und Streichung seines Unterstützungsgehaltes. Gottfried Schwarz hatte alles auf eine Karte gesetzt und sich selbst soweit entäußert, wie er es ur­sprünglich vermutlich gar nicht geplant hatte und wie es für sein inneres Gleichgewicht viel­leicht gar nicht nötig gewesen wäre. Nun musste er die Folgen tragen.

Die Amtsenthebung als Pfarrer brachte verständlicherweise eine Ausweisung aus seinem Wohnsitz in Binau mit sich. Wenn man sich die Größe der Familie und das ansehnliche Pfarr­haus mit dem schönen, großen Pfarrgarten vor Augen hält, wird deutlich, was dies für ihn bedeutete und wie viel Grundvertrauen dieser Mann doch besitzen musste, um diesen Wohnplatz aus Gründen der Überzeugung aufzugeben und gegen eine ungewisse Zukunft einzutauschen. Man hätte seine aufreibende Auseinandersetzung mit der Kirchenleitung und die ständige Notwendigkeit einer Rechtfertigung eigentlich als Anlass verstehen können, diese Phase seines Lebens so schnell wie möglich zu vergessen und hinter sich zu lassen.

Seine kritische Hinterfragung des Kirchenglaubens veranlasste ihn jedoch, genau das Ge­genteil zu unternehmen, nämlich seine geistig-religiösen Erkenntnisse an die breite Öffen­tlichkeit zu tragen. Bereits am 1. April 1895 erschien im Selbstverlag von Gottfried Schwarz ein erstes 38-seitiges Monatsheft zur »Wiederherstellung der Lehre Jesu«. In der Folgezeit erschienen unter dem Titel »Banner der Freiheit« unzählige weitere Hefte, unterzeichnet vom verfasser mit dem Zusatz »früher ev. Pfarrer in Binau«. Leser versuchte er, durch Gratis­exemplare zur Verbreitung seiner Schriften anzuregen. Autor Heinrich Becker hat sich die Mühe gemacht, im Anhang seines Buches nicht nur die »60 Sätze gegen die Irrlehren der Christenheit« wortgetreu wiederzugeben, sondern auch sämtliche von Schwarz herausgege­benen Druckschriften zwischen 1885 und 1920 mit Titelangaben aufzuzählen. Für Gottfried Schwarz waren diese Publikationen sein »Kampf für die Gewissensfreiheit«, ein Eintreten für eine »Wiederherstellung der Lehre Jesu«. Es war seine Einsicht, dass er den offenen Kampf mit der römischen Kirche aufnehmen musste, »deren wichtigste, von Jesu aber abweichende Lehren die evangelische Kirche unverändert übernommen hat«. Für den Leser des hier vorgestellten Buches gibt es im Anhang zahlreiche Texte, durch die die Denkweise von Schwarz gut nachvollzogen werden kann.

Ich denke meinerseits, dass dieser zweite Teil der Buchbesprechung durchaus auch zur Tempelgeschichte gehört. So sind in den vielen Publikationen von Schwarz so manche Gedan­ken zu finden, die wir schon von Christoph Hoffmann her kennen.

An den Schluss meiner Rezension möchte ich ein Zitat der Enkeltochter von Gottfried Schwarz setzen. Gudrun Huober schrieb 1957 auf Grundlage der Erzählungen ihrer Mutter Dora Kirchner zum Ende des Dienstes von Gottfried Schwarz, dass ihr Großvater »mit Herz und Seele Pfarrer und Prediger und der geborene Pädagoge gewesen war. Er war ein grundgütiger Mensch, der ganz in der Menschenfreundlichkeit und Nachfolge Christi aufging.«

Peter Lange

NEUES AUS DEM ARCHIV

Die Yoel-Amir-Sammlung - ein postalisches Zeugnis der Templer-Geschichte in Palästina

Am 13. August 2017 hat die "Heritage & Culture Focus Group" der TSA in der Bayswater Chapel eine umfangreiche postalische Sammlung vorgestellt, in der die Geschichte der Templer-Siedlungen in Palästina anhand von Post- bzw. Ansichtskarten, Poststempeln und weiterem philatelistischen Material dargestellt wird. Die Sammlung wurde von dem israe­lischen Philatelisten Yoel Amir über viele Jahre hinweg angelegt und in diesem Jahr der Tempelgesellschaft (TSA) gestiftet. Für diese großzügige Spende sind wir Yoel Amir zu großem Dank verpflichtet. Mit unseren australischen Freunden sind wir übereingekommen, dass das wertvolle und umfangreiche Material bei der TSA besser aufgehoben ist als bei uns. Das Archivteam der TSA hat sich auch gleich daran gemacht, das Material zu sichten und mit einem Namens- und Ortsindex zu versehen, um beispielsweise das Auffinden von Familien­namen zu erleichtern. Außerdem wurde eine Powerpoint-Präsentation für die Veranstaltung am 13. August erstellt.

Die Sammlung umfasst acht umfangreiche Bände zu folgenden Themen (hier mit den ent­sprechenden Bezeichnungen von Yoel Amir in englischer Sprache):

Vol A: The German Templers; Pioneers of Modern Haifa

Vol B: A Philatelic tour of the American-German colony of Jaffa

Vol C: The German Templer colony of Jerusalem (Rephaim) A Philatelic overview

Vol D: The Templer agricultural colonies and other outposts in Palestine; A Philatelic overview

Vol E: The postal story of the exile and internment of the German Templers and other aliens during WWI and WWII, Part I

Vol F: The postal story of the exile and internment of the German Templers and other aliens during WWI and WWII, Part II

Vol G1: The postal story of the Templers’ settlement in Palestine (1868 - 1948) "Backup" items

Vol G2: Families (Imberger, Aberle, Beck, Kübler, Wieland)

Bei der Veranstaltung am 13. August in Bayswater ergab sich eine lebhafte Diskussion über die komplizierte Situation mit verschiedenen Postanstalten im Heiligen Land. In osmanischer Zeit waren dies außer der osmanischen staatlichen Post die staatlichen Postanstalten von sechs ausländischen Mächten (Österreich, Frankreich, Russland, Deutschland, Italien und Ägypten); in der Mandatszeit trugen die Poststempel noch Aufschriften in drei offiziellen Sprachen, nämlich Englisch, Arabisch und Hebräisch. The postal story of the Templers’ settlement in Palestine (1868 - 1948)Auch zahlreiche Fragen nach der Abwicklung des Postdienstes in den einzelnen Kolo­nien kamen auf. Hierzu hat Doris Frank (Archiv der TSA) folgende Beschreibung für Wilhelma übermittelt: Die Post für Wilhelma wurde in Jaffa vom Postamt bei Stephanus Frank auf der Templer­kolonie in Jaffa abgeliefert. Täglich holte von da das Milchauto die Post ab und brachte sie nach Wilhel­ma ins alte Milchgeschäft. Dort war Max Vollmer der Verantwortliche. Die Briefe wurden in kleine Post­fächer sortiert. Jede Familie hatte ihr eigenes Postfach und holte die Post dort selber ab. Die Postfächer waren in der Vorderwand des alten Milchgeschäftes gegen die Strasse hin angebracht. Die abgehende Post wurde im alten Milchgeschäft bei Max Vollmer abgegeben. Eine Schachtel auf dem Tisch in seinem kleinen Büro diente als Briefkasten. Die Briefe wurden dann vom Milchauto, das Jakob Decker fuhr, zu Stephanus Frank auf die Kolonie Jaffa gebracht, von wo sie vom Postamt abgeholt wurde.

Hausnummern waren für die Adressierung in der Regel nicht erforderlich; es genügte der Name und die Kolonie. Dass man sich dabei durchaus zu helfen wusste, zeigt ein Beispiel aus Wilhelma, wo drei Familien mit dem Namen "Löbert" wohnten. Dort traf ein Brief aus Tel Aviv ein, der an "Herrn Lebbert, der wos hat die gelben Ferd" adressiert war - offenbar kam er trotzdem an. Das TSA-Archiv plant weitere Veranstaltungen rund um das postalische Erbe der Templer in Palästina und hat die Mitglieder ermuntert, eigene Sammlungen mitzubringen.

Templerdokumente im israelischen Staatsarchiv

Der israelische Restaurator Shay Farkash hat uns darauf hingewiesen, dass das israelische Staatsarchiv seine »Schatzkammmer« mittlerweile auch online geöffnet hat.

Auf der englischsprachigen Internetseite kann man beispielsweise Namen und Schlag­worte eingeben und - sofern vorhanden - entsprechende Dokumente einsehen, die offenbar beim früheren deutschen Konsulat oder anderen Stellen im Zusammenhang mit offiziellen Vorgängen angefallen sind (natürlich nicht nur in Bezug auf Templer). Die »Genossen« der »Deutschen Weinbau-Gesellschaft Sarona-Jaffa e.G.« von 1895 findet man dort ebenso wie Schriftwechsel über den Verkauf von Grundstücken während der Mandatszeit. Leider sind nicht alle Bereiche des Internetauftritts in englischer Sprache aufbereitet worden, so dass der Einblick bislang eher bruchstückhaft ist. Ungeachtet dessen ist aber nun eine wertvolle weitere Quelle für unsere Archivarbeit leichter zugänglich geworden.

Jörg Klingbeil

In eigener Sache

In der Juli/August-Ausgabe der »Warte« haben wir einen Artikel über Palästinensische Araber in Israel abgedruckt, den wir aus der Zeitschrift »Im Lande der Bibel« übernommen und gekürzt hatten. Das Redaktionsteam war der Meinung, dass dieser kritische Beitrag, von einem israelischen Universitätsprofessor der Ben-Gurion-Universität Beer Sheva geschrieben, eine seriöse Quelle darstellen würde.

Die sehr betroffene Reaktion unserer israelischen Freunde, die sich alle im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Chancengleichheit und Unterstützung arabischer Israelis einsetzen, belehrte uns eines Besseren. Zwar deutete die Verwendung gewisser Begriffe für uns nicht zwingend auf eine staatsfeindliche politische Ausrichtung des Verfassers hin, dies war aber offenbar in der öffentlichen Diskussion in Israel klar der Fall. Wie wir im Nachhinein erfuhren, wurde dem Autor in Gerichtsverfahren auch schon falsches Zitieren vorgeworfen.

Wir möchten deshalb klarstellen, dass wir uns mit diesem Abdruck keineswegs hinter eine staatsfeindliche Propaganda gegen Israel stellen wollten. Für uns steht Israel als Demokratie mit seinem Existenzrecht außer Frage, selbst wenn wir meinen, dass Vorgehensweisen der Regierung, speziell Palästinensern gegenüber, kritisiert werden können sollten.

Karin Klingbeil für das Redaktionsteam der »Warte«

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Uraufführung des Films "Ich tanze, aber mein Herz weint"
Templer-Lesestoff